zum Inhalt zum Menü
. . Navigation Navigation
  • A-
  • A
  • A+

Berufliche Inklusion neu gedacht

Jugend am Werk eröffnet ein „Zentrum inklusiver Arbeitsmarkt“ in Graz: Hier werden Menschen mit Behinderung auf ihrem beruflichen Weg individuell begleitet – idealerweise bis zum echten Dienstvertrag.

„Bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt liegt noch ein weiter Weg vor uns“, beschreibt Astrid Riegelnegg, Leiterin des neuen Zentrums bei Jugend am Werk Steiermark. Denn aktuell steht Menschen mit Behinderung fast ausschließlich das Modell Teilhabe an Beschäftigung zur Verfügung. So Beschäftigte erhalten ein Taschengeld und können bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazu verdienen, sind aber nicht angestellt. Über Projekte wie „inArbeit“ bei Jugend am Werk Steiermark werden Schritt für Schritt echte Dienstverträge und damit auch echte Inklusion möglich. 

Wir unterstützen unsere Nutzer*innen dabei, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Wir begleiten sie deshalb individuell – von der theoretischen Qualifizierung, über Orientierungspraktika bis hin zu einer sinnvollen beruflichen Tätigkeit, die zu ihnen passt“, so Riegelnegg.

Das Zentrum am Gürtelturmplatz in Graz wird dafür ab jetzt die zentrale Anlaufstelle bei Jugend am Werk sein. 

Qualifizierung: Fürs Leben lernen
Los geht der Wunsch nach beruflicher Veränderung oft bei Wolfgang Woschitz: Er bietet am neuen Zentrum unterschiedliche theoretische Qualifizierungsmodule für Menschen mit Behinderung an. „In unseren Kursen besprechen wir grundlegende Themen wie: Welche Einkommensarten gibt es? Oder: Wie bereite ich mich auf ein Bewerbungsgespräch vor?“, so Woschitz. Aber nicht nur darum geht es: „Wir unterstützen unsere Nutzer*innen auch dabei, ihre Talente und Stärken zu entdecken.“

Aktuell stehen in Graz drei Module zur Auswahl: Geld und Rechtliches, Kommunikation, Gesundheit und Sicherheit. Weitere sind schon in Planung, zum Beispiel zum Thema seelische Gesundheit. Insgesamt sollen künftig 12 Module angeboten werden, in denen Menschen mit Behinderung das theoretische Handwerkszeug für einen Einstieg ins Arbeitsleben bekommen.

Post Partner: Training als Sprungbrett
Als nächstes folgt die Praxis. Zum Beispiel im Jugend-am-Werk-Post-Partner im Grazer Stadtteil Geidorf. Da geht es schon vormittags rund: Briefe stempeln, Sendungen erfassen, Ausweisdaten notieren und Pakete abwickeln. Im Postshop sammeln Menschen mit Behinderung in einer sicheren Umgebung erste Erfahrungen – eine Art Trainingsarbeitsplatz“, fasst Bezugsbegleiterin Eva Kirschbaum zusammen. Neben fachlichen Qualifikationen geht es dabei auch um Grundsätzliches wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit, die Arbeit im Team oder den Umgang mit Stress.

Der Post Partner ist eine Win-Win-Situation: Der tägliche Kundenkontakt stärkt das Selbstbewusstsein der Menschen mit Behinderung, die bei uns arbeiten und die Kund*innen im Postshop bauen wiederrum Distanz und etwaige Vorurteile ab“, beschreibt Kirschbaum.

Aktuell sind hier drei Arbeitsplätze verfügbar, der Einstieg mit einem Schnuppertag oder Praktikum ist jederzeit möglich. 

Neben dem Postshop hat Jugend am Werk noch viele weitere geschützte Arbeitsorte: etwa in Service und Küche des hauseigenen Cafés und Bistros im Gürtelturm, im Movieteam oder über Arbeitsgruppen in Firmen wie XAL und der Medienfabrik Graz. Eines haben diese Angebote aber alle gemeinsam: Sie fallen in den Bereich Teilhabe an Beschäftigung. Wer hier arbeitet, erhält nur ein Taschengeld und „Provision“ für erbrachte Leistungen.

inArbeit – 1:1 zum Dienstverhältnis
Anders ist das beim Projekt inArbeit, das ebenfalls im neuen Zentrum am Gürtelturmplatz angesiedelt ist: Seit 2018 begleitet Jugend am Werk hier Menschen mit Behinderung auf ihrem Weg zu einem Dienstverhältnis. Mit echten Dienstverträgen, fairem Lohn und Anspruch auf Urlaub und Krankenstand. 

Dafür wird auf 1:1 Betreuung gesetzt, wie Vanessa Kern –Teamleiterin und Mitarbeiterin seit Beginn des Projekts – beschreibt: „Wir erstellen ein Fähigkeits- und Stärkenprofil der Menschen, die wir unterstützen und suchen nach einer passenden Firma für sie.“ In der Regel geht es dabei um Hilfstätigkeiten, die ohne Ausbildung ausgeführt werden können. Der jüngste Erfolg: Anna Didović hat mit Unterstützung von Jugend am Werk in der Volksschule Pachern bei Graz in der schulischen Nachmittagsbetreuung angedockt. Nach mehreren Praktika hat Anna so den Sprung in ihren Traumjob geschafft.

Unternehmen gesucht 
Für die Firmen entsteht kein zusätzlicher Aufwand: Sie erhalten einen Teilhabezuschlag, bekommen also einen Teil der Lohnkosten ersetzt. Zusätzlich begleiten die Teams von Jugend am Werk nach Unterschrift des Dienstvertrags weiter. „Wir stehen dauerhaft zur Verfügung und unterstützen zum Beispiel beim Anlernen neuer Tätigkeiten. Das schafft Sicherheit und Stabilität für Nutzer*innen und Unternehmen“, beschreibt Kern. Dabei werden laufend neue Unternehmen für Schnupperpraktika und - wenn es für beide Seiten passt - für eine Anstellung gesucht. 

Für Kern ist das Projekt in Sachen inklusiver Arbeitsmarkt zukunftsweisend: „Es ist schon lange überfällig, dass Menschen mit Behinderung die gleichen Chancen auf kollektivvertragliche Entlohnung bekommen. Mit inArbeit gibt es endlich eine Möglichkeit dafür. Das muss unbedingt ausgeweitet werden.

Entfalten und wachsen
Das neue Zentrum in Graz ist eine zentrale Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung, die beruflich durchstarten oder sich verändern wollen. Riegelnegg schließt: „Mit einer Vielzahl an Angeboten und unserem gebündelten Wissen finden wir individuelle Lösungen. Ein starkes Zeichen, mit dem wir den Arbeitsmarkt langfristig durchlässiger und inklusiver machen.“

Kontakt:
Jugend am Werk Steiermark GmbH
Arbeit und Beschäftigung – Zentrum inklusiver Arbeitsmarkt 
Gürtelturmplatz 1/1
8020 Graz
Mobil +43 664 8000 6 2465
astrid.riegelnegg(at)jaw.or.at
 www.jaw.or.at